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Karikaturist Klaus Stuttmann zu Besuch im W-Seminar

Mit rund 15.000 veröffentlichten Karikaturen gehört Klaus Stuttmann seit vielen Jahren zu den produktivsten politischen Zeichnern Deutschlands. Entsprechend spannend waren die Einblicke, die der in Berlin lebende Karikaturist den Schüler*innen des W-Seminars „Karikaturen als bildliche Form der Satire“ in seinen Beruf gab. Aufgrund der pandemischen Lage fand das einstündige Gespräch als Videokonferenz statt.
Was darf Satire und wo sind deren Grenzen? Ein Teil des Gesprächs bezog sich auf diese Frage, die zugleich thematischer Aufhänger für das W-Seminar ist. Laut Stuttmann könne grundsätzlich alles Gegenstand von Karikaturen werden, sofern das Thema und die Kritik relevant seien. Ein Tabu stelle für ihn aber die Verspottung von Opfern oder die Darstellung von Gewalt dar. Eher schwierig sei seinen Erfahrungen nach die Kritik an Religionen. Diese provoziere häufiger Unmut als andere Themen, auch wenn man über die Humor- und Kritikfähigkeit von gesellschaftlichen Gruppen nicht pauschal urteilen könne, wie Stuttmann betont. Außerdem sei die „deutsche Karikatur schon immer etwas harmloser“, wie der Karikaturist anmerkte.
Weitere Fragen der Schüler*innen zielten auf den Arbeitsalltag und auf das Zeichnen als kreativen Prozess ab. Da eine Karikatur durch Originalität überzeuge, gehöre Kreativität zu seinem Beruf, so Stuttmann. Zudem sei die Ideenfindung etwas, was er nicht planen könne, auch wenn es gewisse handwerkliche Tricks gäbe – beispielsweise die Verknüpfung von zwei aktuellen Themen, um einen Witz oder komischen Effekt zu erzeugen. Letztlich sei es ein Zusammenspiel von Vorwissen, Erfahrung und spontanen Einfällen an, die nachts vor dem Einschlafen kommen können oder eben erst morgens unter der Dusche – so zum Beispiel am Tag des Gesprächs, wie Stuttmann schmunzelnd erwähnte. Die Anfertigung der Karikatur per Tablet und digitalem Zeichenprogramm dauere im Schnitt etwa zwei Stunden. Da Stuttmann für den Tagesspiegel jeden Tag eine Karikatur abliefern muss, sei durchaus ein gewisser Druck gegeben, den er aber zugleich als Reiz an seiner beruflichen Tätigkeit empfindet.
Des Weiteren ging Stuttmann darauf ein, welche Auswirkungen der Medienwandel auf die Karikatur und auf seinen Beruf hat. Im Zuge der Beschleunigung des Medienbetriebs durch die Digitalisierung und der fortschreitenden Monopolisierung der Zeitungslandschaft erodiere die privilegierte Stellung, die die politische Karikatur als gezeichneter, stets aktueller Meinungsbeitrag lange Zeit in der gedruckten Tagespresse einnahm. Deshalb werde vermutlich auch der Beruf des Karikaturisten verschwinden oder zumindest vom Überleben der Zeitung abhängen, so Stuttmann. Während sich früher jede größere Tageszeitung einen oder mehrere fest angestellte Karikaturisten leistete, könnten in Deutschland derzeit nur noch etwa 20 Karikaturisten hauptberuflich vom Zeichnen leben – diese bezeichnet Stuttmann als „große Familie“, die sich kennt und regelmäßig austauscht.
Für viele sei das Zeichnen eher durch Zufall zur Profession geworden. Er selbst studierte Kunstgeschichte und fertigte als junger Mensch in seiner Freizeit politische Zeichnungen für Flugblätter an, bevor er mit Karikaturen sein erstes Einkommen verdiente. Ans Aufhören denke er noch nicht, solange er noch täglich eine Idee für eine Karikatur habe, die ihn zufriedenstellt.

Stefan Flierl

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